aus: Ervin Lázár, Meine sieben Lieben

SPATZ IM HERZEN JESU

{Diese} umfangreiche Erzählung - vom Inhalt her könnte sie auch als Roman gelten - wird laufend weiter übersetzt


Bleichgesicht wohnte bei seiner Großtante in der Budaer Straße, wo die Gas-Straße und die Lövöldestraße zusammenfließen. Am Nachmittag kickte er regelmäßig mit dem Friseur in der Nachbarschaft in einem schmalen betonierten kleinen Hinterhof. Gewöhnlich bekam er sechs Tore Vorsprung, trotzdem gewann er sehr selten, weil der Friseur gut und geistesgegenwärtig spielte. Das Tor des Friseurs war immer gegenüber der Straße, weil er so leichter merkte, wenn jemand in sein Geschäft ging. Immer wenn er ein Tor reinbekam, donnerte das Blechtor stumpf auf - der Ball war schon ein bißchen schlaff. manchmal bekam er an einer Seite eine Delle, dann bliesen sie ihn mit einem Strohhalm wieder auf.
Der Friseur konnte auch Banjo spielen.
Der Hof war innen weiter. Hinten stand noch ein Haus. Farkas, der Lokomotivführer, wohnte dort, er ging immer mit einer großen, schwarzen Ledertasche zur Arbeit, die ein bißchen wie eine Arzttasche aussah, sie war nur größer und dreckig, aber ihr Verschluß war der gleiche, und auf dem Nachhauseweg war sie immer schwer. Farkas schleppte sie müde.
Tante Teta, Bleichgesichts Großtante, sagte: - Recht so, die Ungarischen Staatsbahnen haben genug Kohle!
Übrigens nannten sie ihn nicht Bleichgesicht, sondern Spatz, und obwohl Spatz auch kein richtiger Name war, nannten sie ihn trotzdem so richtig.
Sein Vater nannte ihn Spatz, und sein Vater hatte wunderbare blaue Augen, wie ein sehr reiner Himmel, manchmal so, wie Stahl.
Er hätte fast geheult, als sein Vater wegging. Gut, daß er ihn anschaute und sagte:
- Du heulst nicht, gell, Spatz?!
- Nein - sagte Spatz.
Trotzdem heulte er ein bißchen unter der Decke.
Nach ein paar Wochen fiel ihm im Hof ein Pfeil auf. Sofort bemerkte er, daß an den Holunderbusch ein Zettel geheftet war:

ZITTERE, DRECKIGES BLEICHGESICHT!
DICH TRIFFT DER FLUCH DER DELAWAREN!

Spatz ging in den Hühnerhof - Tante Teri hatte ein handtuchgroßes Stück Platz mit Draht eingezäunt - die hintere Seite des Hü+hnerhofs war ein Bretterzaun, der ihren Hof von dem des Nachbarhauses trennte. Das Nachbarhaus war schon in der Gasstraße, Spatz hatte einmal schon in den Nachbarhof hineingeschaut, aber da gähnte nur der leere, von Giersch und und Disteln dicht zugewachsene, verwilderte Garten. Das gefiel ihm, und er beschloß, einmal dort hinzugehen und nachzuschauen.
Er legte zwei Ziegel längsseits übereinander und kletterte hinauf, dann spechtelte er vorsichtig in den Garten. Es herrschte eine sehr große Stille, aber es war keine  beruhigende Stille. Spatz wußte, daß in dieser Stille bösartige kriechende Gestalten verborgen waren.
Er richtete sich auf, um besser zu sehen, die Ziegel fielen unter seinen Füßen auseinander, aber er fiel nicht hinunter, er hielt sich mit den Händen fest, und dann bewegte sich schon das Meer von Unkraut, federbeschmückte Indianer sprangen aus dem Giersch und rannten schreiend zum Zaun. Spatz erkannte sofort unter ihnen Gáspár Uzon und Rajkovics. Rajkovics saß in der Schule neben ihm.
- Jetzt stirbst du, dreckiges Bleichgesicht! - rief Rajkovics.
Spatz' Hand wurde müde, er glitt vom Zaun herunter.
Das Gebrüll von der anderen Seite war gut zu verstehen, es ging um seinen Skalp, das feige Bleichgesicht solle sich verpissen.
Spatz stellte die Ziegel wieder übereinander und kletterte hoch. Einen Moment lang herrschte Ruhe, die Delawaren waren überrascht. Die Ziegel stürzten wieder um, Spatz hing wieder mit gebeugten Armen am Lattenzaun. Seine Handflächen brannten schon vom spitzen, schrundigen Holz, aber er ließ nicht los und brüllte:
-Ihr seid blöd!
Daraufhin begannen die Delawaren kriegerisch zu schreien. Es waren so zehn bis zwölf, ein paar kannte er nicht, aber die meisten waren seine Klassenkameraden bei den Zisterziensern. Gáspár Uzon und Rajkovics, Miklós Schneider und sein Cousin Iván Schneider, Laci Ördögh, Keszi-Hajós und Jenő Nagy.
Die mochte Spatz nicht.
Spatz war drei Wochen nach dem Schulbeginn in die Stadt gekommen, bis seine Mutter alles zusammenbekommen hatte. Um zehn Uhr kam er mit seinem Vater in die Schule und sie gingen in das Direktionszimmer. Dort hatte sich ein starker Geruch nach Salbe ausgebreitet. Spatz mochte diesen Geruch. Er mochte auch den Geruch von Wagenschmiere und Bohnerwachs, sogar den von Benzin und Petroleum. Der Direktor war ein komischer Pfarrer. Nicht nur deswegen, weil er sehr dick war; dicke Pfarrer hatte Spatz schon woanders auch gesehen, aber dieser Direktor hatte ein butterfarbenes Habit an, vorne und hinten hing als eigenes Kleidungsstück ein etwa zwei Hände breiter schwarzer Streifen. 
Der Direktor lächelte, Spatz trat näher an den Vater heran.
- Dann gehe ich jetzt - sagte der Vater und schaute ihn aufmunternd an.
Spatz sagte nichts. Er hätte es auch gar nicht gekonnt, weil das Weinen seinen Hals drückte.
Der Direktor ging wegen irgendetwas zurück ins Direktionszimmer. Dann sagte der Vater:
- Du heulst nicht, gell, Spatz?
- Nein - sagte er.
Der Direktor schubste ihn durch die offene Tür. Das Herz klopfte Spatz laut vor Aufregung. Und er hatte Angst, aus welchem Grund auch immer, aber er hatte Angst.
- Das sind deine neuen Klassenkameraden - sagte der Direktor, und jetzt lächelte er nicht mehr. Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu : - Nehmt ihn mit Liebe auf - aber da lächelte er auch nicht.
Der Direktor ging hinaus und schloß leise die Tür hinter sich; und Spatz stand einzeln und allein vor den Bankreihen. Er sah sich in der Klasse um. Blonde Köpfe, braune Köpfe. Die blendend roten Haare von Iván Schneider, daß das interessant wäre, aber in dem Moment fiel ihm kein Gesicht auf, nur das von Gundrum. Vielleicht deswegen, weil nur Gundrum nicht grinste.
Dann fragte ihn Edgar Bretz: - Wie heißt du?
Spatz sagte seinen Namen.
- Ich bin Edgár Bretz - sagte der Priester und trat näher zu ihm hin. - Ich bin dein Klassenlehrer. - Sein Gesicht war ernst.
Edgar Bretz hatte ebenfalls blaue Augen; irgendwie ein schrecklich einfarbiges Blau, ohne Schattierungen. Den Jungen verstörte das. Aber die goldgeränderte Brille funkelte mit liebenswerter Strenge, und liebenswert waren auch seine grauen Haare und seine gebogene Nase. - Das ist dein Platz.
Der war nicht schwer zu finden, es gab nur einen einzigen freien Platz, in der Mitte der vorletzten Bank, neben Rajkovics.
Schimmernde Bänke. Leuchtendes Braun, mit gebogenen Metallrohren als Beinen. Spatz hatte solche Bänke noch nie gesehen. Er hatte die Bank noch nicht angefaßt, da spürte er schon an seinen Fingerspitzen die kühle Glätte der Politur.
Und dann lachte die Klasse auf. Es war nicht auszumachen, wer mit der Lacherei anfing, es brach einfach aus, fegte zwischen den Wänden hin und her. Spatz blieb stehen. Schon wieder fiel ihm Gundrum auf, weil der ernst blieb.
Edgár Bretz sagte: - Ruhe.
Daraufhin wurde es ruhig. Spatz setzte sich in seine Bank. Er saß steif, Unverständnis im Gesicht.
- Na, dann machen wir weiter... Kórós...
- ...vineam quoque curat... - las Kórós.
Rajkovics stieß den Jungen in die Seite.
- Servus - sagte er, und reichte ihm die Hand. Es war eine kalte, verschwitzte Hand. Er lächelte schief. - Klasse Höschen hast du.
Spatz hatte handgewebte Kleider an. Ganz neu, ein Mantel und eine kurze Hose.Die kurze Hose ging ihm bis zum Knie. Spatz hatte sich sehr gefreut, als er sie anprobiert hatte.
- Na, jetzt siehst du wie eine junge Herrschaft aus - sagte die Mutter.
- Woher kommst du? - flüsterte Rajkovics.
- Aus Egerespuszta - flüsterte der Junge zurück.
- Edgár Bretz klopfte mit der Blechkappe seines Bleistifts auf die Bank.

In der Pause scharten sich die Kinder um Spatz.
- Aus Egerespuszta - sagte Rajkovics. Er streckte seine Brust heraus    und sah um sich, als hätte er auf einer abenteuerlichen Reise nach Afrika einen Wunderkäfer gefunden und würde ihn jetzt präsentieren.
Spatz stand auf. Er wollte hinausgehen. Wieder lachten sie lauthals.
- In dieser Hose siehst du aus wie ... - sagte einer, aber da stockte er, denn so schnell fand er nichts Vergleichbares.
- Wie ein Brüllaffe - ergänzte Miki Schneider.
Spatz ließ den Kopf hängen und sah von unten, aus den Augenwinkeln auf Schneider. Seine Unbeweglichkeit   ermutigte Schneider, denn er stellte sich vor ihn und schnipste ihm auf die Stirn.
- Na, was ist, Brüllaffe?
Spatz haute Schneider ziemlich plötzlich eine runter. Mit voller Kraft, seine Hand tat ihm weh davon. Schneider trat einen Schritt zurück - er war gut einen Kopf größer als Spatz - und wurde wütend.
- Bleib stehen, du Dreckhaufen - sagte Schneider und ging weg. Spatz hob schützend den Arm, er sah, daß die andern auch auf ihn losgehen wollten.
- Na, Schneiderlein, hast du eine in die Fresse bekommen? - sagte da Gundrum und stand auf. Jetzt, als er aus der Bank heraustrat, kam er gerade zwischen Spatz und Schneider. Er war kein besonders großer Junge. Es sah aus, als hätte man ihm im Sommer eine Glatze geschnitten, weil gleichmäßig kurz geschnittene, kurze Haare seinen Kopf bedeckten. Er hatte ein eckiges Gesicht und eine stumpfe Nase. Seine Haut war ganz braun.
Dann drehte sich Schneider um.
- Dafür kriegst du noch was - sagte eangr im Weggehen.
Draußen im summenden Flur überkam den Jungen wiedr die Einsamkeit. Spatz schaute sich um. Den Flur entlang standen bis zum Ende blau emaillierte Schränke mit Nummern. Gegenüber der Tür an so einem Schrank lehnte Gundrum. Er aß ein Schmalzbrot. Er hatte es nur bis zur Hälfte aus dem Papier gewickelt, damit seine Hände das Brot nicht anfassen mußten. Immer wenn er abbiß, wickelte er ein kleines Stück Papier ab, um Platz für den nächsten Biß zu haben.
Das erfüllte den Jungen mit Respekt
Er ging zu Gundrum hin, zwei Schränke weiter weg, und lehnte sich mit der Schulter an die Tür eines Schranks. Daraufhin stieß sich Gundrum mit einer sanften Bewegung vom Schrank ab und ging zum Ende des Flurs.
Die nächste Stunde war Geographie. Geographie unterrichtete Benjámin Asztalos. Jeder stand, als er hineinkam, ungewohnte Ruhe herrschte. Der Lehrer tastete sich mit einem weißen Stock vor, aber er trug keine schwarze Brille wie andere Blinde. Als er das Katheder erreichte, drehte er sich zu ihnen hin und sagte: - Setzt euch hin.
Das scharfe, schmerzhafte Stechen   erreichte ihn plötzlich und heimtückisch, zuerst glaubte er, er würde aufschreien, aber er zischte nur ein bißchen und zog mit zusammengebissenen Zähnen die Luft ein. Rajkovics hatte ihm eine Sicherheitsnadel untergeschoben.
Benjámin Asztalos hörte es trotzdem.
- Was ist los? - fragte er.
- Ich war das. - Der Junge stand auf.
- Deine Stimme kenne ich nicht.
Spatz nannte seinen Namen.
- Was ist los? - wiederholte Benjámin Asztalos.
- Er hat gepiekst... er hat mich gepiekst... - stotterte Spatz.
- Wenn du es nicht willst, sag es nicht - sagte der Lehrer - aber lüg nicht! Hast du verstanden?
- Ja - sagte Spatz.
- Du kannst dich setzen.
Als er sich jetzt hinsetzte, schaute er zuerst unter sich. Rajkovics lehnte sich mit dem Bauch auf die Bank und wieherte.
Nach der Stunde ging Gundrum zu Rajkovics. Rajkovics versuchte Gundrum abschätzig anzusehen, aber man sah in seinen Augen, daß er Angst hatte. - Das war das zweite Mal - sagte Rajkovics, - daß du in der Stunde von Asztalos Streiche machst. Wenn das noch einmal vorkommt, kriegst du eine. Rajkovics wollte etwas sagen, sein Mund zuckte, - dann zog er nur eine Fratze. Gundrum drehte sich weg. Der Junge stand neben ihnen und sah freundschaftlich auf Gundrum, trat näher zu ihm, plötzlich wußte er nicht, was er sagen sollte, aber er wollte um jeden Preis irgendetwas sagen. Dann seufzte er: - Es hat gar nicht so wehgetan.
Gundrum blieb stehen, und sah mit leicht zusammengekniffenen Augen auf Spatz, lehnte sich an die Wand und sagte: - Geh zum Teufel!

Pah, Bleichgesicht! Sind die blöd - dachte Spatz, und kletterte vom Zaun herunter. Es klofpte auf den Bretterzaun, die Delawaren schossen ihre Pfeile ab. Ein paar Pfeile fielen in den Hühnerhof, der Junge pulte ein bißchen mit seinen Zehen daran herum, dann sah er sich um. Von den Hühnerfedern war viel da. Klar, sie waren nicht besonders lang. Ich hole mir dann von zuhause eine Adlerfeder, dachte er. Vielleicht auch eine vom Bienenfresser, denn der Bienenfresser hat die schönsten Federn. Er dachte auch daran, woraus er Pfeile machen könnte, aber auf dem Hof gab es nur eine weinumrankte Laube, einige Fliederbüsche, einen vor sich hinkümmernden Pflaumenbaum und auf dem Weg zum Tor - wo er immer mit dem Friseur kickte - einige Zedern. Zuhause hatten sie aus Gleditschien Pfeile gemacht, aber hier gab es keine Gleditschien.
Tante Teta saß zusammengekrümmt unter dem Bild. Eigentlich war sie fröhlich und immer in Bewegung, aber wenn sie unter dem Bild saß und der Rosenkranz durch ihre ihre Finger klackerte, dann war sie immer zusammengekrümmt.
Auf dem Bild war Gyuszi.
Zu diesen Zeiten wollte der Junge Tante Teta nicht stören. Er stellte sich vor, daß einmal Gyuszi mit unrasiertem Gesicht und zerlumpter Uniform durch die Tür kam, und dort Tante Teta gegenüberstand. Aber weiter konnte er nicht denken, nur bis dahin: Gyuszi steht dort an der Tür, wie er selbst jetzt, zerlumpt, mit langem Bart und ihm gegenüber Tante Teta.
Nicht nur durch das Foto konnte er sich von Gyuszi ein Bild machen. Irgendwann, sehr viel früher, in einem Raum, der nach Zigarrenrauch roch, ließ er seinen Luftballon aus. Der Luftballon schaukelte langsam bis zum hohen Plafond des Zimmers, oben schlug er ein paarmal auf, als ob er die Wand durchbrechen wollte, dann schmiegte er sich sanft an sie an. Unter dem Ballon baumelte schlaff die Schnur. Der Junge war sehr verzweifelt, der Ballon schwang unerreichbar über seinem Kopf; und dann kam Gyuszi herein, lächelte, aus seinem braunen Gesicht blitzten die Zähne heraus, stellte sich auf den Tisch, fing die Schnur des Luftballons auf, zog ihn hinunter und drückte die Schnur dem Jungen in die Hand. Sicher hatte er dabei etwas gesagt, aber daran erinnerte sich Spatz nicht.
Dann schickte Gyuszi grüne Feldpostkarten, ziemlich lange; und einmal brachte der Postbote statt einer Feldpostkarte einen gedruckten Zettel, der Junge sah nicht genau, was darauf geschrieben stand, (obwohl er schon lesen konnte, er ging in die erste oder zweite Klasse), er konnte nur den zwischen dem gedruckten Text mit Tinte in großen Buchstaben geschriebenen Namen lesen: Gyula Halász; die Mutter bekam vom Briefträger den Zettel, ihr Gesicht verzog sich zu einer schrecklichen Grimasse, so hatte er seine Mutter noch nie gesehen, dann sah auch der Vater auf den Zettel. Da weinte die Mutter schon.
Der Vater grübelte noch eine Weile, dann warf er den Zettel ins Feuer. Er saß lange unbeweglich am Tisch, solange, bis Tante Teta aus der Küche ging. Irgendetwas drückte ihn von innen, außerdem war es ein sehr sonniger Tag, der Himmel stand gleichsam bewegungslos, die Luft bewegte sich auch nicht. Er ging vom Grasland weg, bei Kissarok floß der Duft nach Heu aus dem neuen Schober, und es knisterte und raschelte, wie das nur die ganz neuen Heuschober können - aber das alles beruhigte ihn nicht. Das Knistern und Rascheln schien ihm überflüssig. Er schlenderte lange vor sich hin, angenehm warmer Staub stob unter seinen Fußsohlen und ging durch seine Zehen, und gab dabei ein komisches, schnaufendes Geräusch ab. Er gelangte zu den Pappeln, Maisfelder grünten um ihn, auf den Stoppelfeldern blitzten die weißen Blüten des Ziests auf, auf dem Himmel fingen ganz friedliche Wolken an zu schwimmen; als er an das sandige Ufer kam, fing ein leichter Wind an ***lengedez*** Wind wehen wacheln wie heißt das wenn etwas sanft weht
fächelte ein WInd den Geruch von Wald und Wasser auf, und er spürte wieder, daß es Sommer war. Er fing an zu laufen - Gyuszi stellte sich auf den Tisch, hatte den Luftballon an der Schnur und lief ihm nach, rief etwas, aber er verstand es nicht genau - auf dem Hügel bleib er stehen, von da sah er schon den Fluß.
Gyuszi konnte  nicht sterben.

Tante Teta stand auf, bemerkte den Jungen in der Tür, lächelte und steckte den Rosenkranz unter das Kissen. Spatz erklärte, was er brauchte. Ein zwei Finger breites Band für den Kopf, aus Leder, aber wenn es das nicht gibt, dann geht es auch aus Leinen.
- Indianermäßig? - fragte Tante Teta, und Spatz lächelte verschämt.
Das Band wurde richtig schön. Tante Teta stickte sogar mit einem roten Faden ein Muster ein, Spatz steckte die Federn daran, und sah sich sogar im Spiegel von der Seite an. Eine Adlerfeder wäre jetzt gut, dachte er, dann ging er auf den Hof hinaus. Er horchte ein wenig, aber er hörte keinen Laut aus dem Garten an der Gasstraße, dann stellte er die Ziegel aufeinander und kletterte hinauf.
Der Garten war leer. Man konnte an der Stille hören, daß er leer war. Spatz versuchte es nicht weiter. Eine kleine Weile ließ er den Federschmuck noch an und schnüffelte im Hof herum. Er fand ein Holzstück, das die Form einer Pistole hatte, und schoß mit ihm zweimal in den Garten in der Gasstraße.
Danach fühlte er sich sehr einsam. Er nahm den Federschmuck ab, schaute ein bißchen an ihm herum, lief mit ihm ins Vorzimmer und schob ihn hinter den Kasten. Vielleicht, damit Tante Teta ihn nicht sah: Er brauchte ihn nicht mehr.
Er lief auf die Straße, er konnte sich immer noch nicht an die Straße gewöhnen, haufenweise Stein, fremde Gerüche, in ihnen etwas sehr gutes und etwas sehr schlechtes, etwas entmutigendes.
Beim Friseurgeschäft endete die Straße.
- Kicken wir? - fragte der Friseur.
- Nein - sagte Spatz - spielen Sie lieber Banjo.
Der Friseur hängte das Banjo neben dem Spiegel ab, Spatz saß schon im Drehstuhl, drehte sich so, daß er dem Friseur gegenüber saß. Wenn der Friseur Banjo spielte, wurde er ein wenig dünner, vielleicht auch größer. Man sah in seinen Augen, daß er jetzt nicht mehr das Geschäft sah, sondern etwas Eigenes, etwas, das es vieleicht hier in der Stadt nicht gab. Spatz versuchte herauszufinden, was der Friseur dann sah. Am häufigsten dachte er an Pferde, dann an große, sich wiegende Wasserflächen, und es gab ein Lied, von dem immer Sommer wurde. Das war so, als ob er barfuß durch den Staub ginge. Der Staub brannte auf seinen Fußsohlen, und herum standen Akazien.
Dieses Lied spielte der Friseur gerade, als der sommersprossige Junge hereinkam. Spatz kam er bekannt vor, er dachte lange nach, wo er ihn gesehen hatte, erst nach Minuten kam er darauf, daß er ihn noch nie gesehen hatte. - Haarschnitt oder Rasur? - flachste der Friseur, worauf der Sommersprossige lachte und sagte, nur Haare schneiden. Der Friseur wollte schon das Banjo vom Hals nehmen, aber der Sommersprossige sagte: - Spielen Sie noch ein bißchen!
Der Barbier hängte sich das Banjo wieder um den Hals. Danach scherte der den Sommersprossigen. Er klapperte mit der Schere und drückte geschickt mit dem Schermesser herum. Der Sommersprossige blinzelte, weil er einige Haare in die Augen bekommen hatte.
- Diese Musik ist so schön - sagte der Sommersprossige halb kahl geschoren. In den Händen des Friseurs blieb das Schermesser stehen, er war belustigt, daß der halb glatzköpfige Kleine sagte, die Musik sei schön.
Trompeten knatterten und Trommeln ratterten. Das Wummern der großen Trommel hob sich deutlich von den anderen Instrumenten ab.
- Tschinderatta, tschinderatta - sagte der Barbier.
Der mit den Sommersprossen lachte. - Der mit der großen Trommel ist der Tod.
- Was für ein Tod? - Der Barbier runzelte die Stirn.
- Das sind die aus der Besserungsanstalt.
- Das weiß ich. Aber was für ein Tod?
- So nennen sie den mit der Trommel. Eben Tod. Ein anderer heißt Pferdeschädel. Kennen Sie den nicht. Die spielen Fußball neben dem Herzen Jesu.
Der Kahlköpfige hatte schon die Klinke in der Hand und schleifte mit seiner Schuhsohle über die gebohnerten Bohlen des Fußbodens. 


[...wird fortgesetzt...]